Mittwoch, 21. Mai 2014

Sexworker

Ich amüsiere mich gerade sehr über die politische Diskussion der Reglementierung der Prostitution.
Es ist eine konfuse Mischung aus gesellschaftlichem Tabuthema, vermeintlich politischer Korrektheit und selbstproduzierendem feministischen Gutmenschentum.

Sobald das Thema Prostitution aufkommt, reden alle sofort von kriminellen Machenschaften, von Menschenhandel und von Zwangsarbeit.

Und das alles will man abschaffen in dem Mann oder Frau die Tätigkeit der Prostituierten möglichst verunmöglicht.
Richtig ist, ja es gibt in der Tat im Milieu Kriminalität. Es gibt Menschenhandel, es gibt Zwangsprostitution.
Aber man muss mal die Frage stellen woher das kommt und wie sehr das auf die Mehrheit zutrifft.
Tatsache ist, das immer mehr Sexarbeiter (ich benutze dieses Wort absichtlich) den Job weitgehend freiwillig und ohne Zwang machen. Die Zuhälter im altklassischen Sinne sind eine zunehmend aussterbende Rasse. Geschäftsleute ersetzen die tätowierten Muskelmänner, Krawatten die Goldkette.
Es ist ein Geschäft das zunehmend in die Legalität wandert, in der plötzlich Themen wie Gewerbesteuerhebesätze, Baunutzungsvorschriften, Sozialversicherungen und doppelte Buchführung relevant werden, in dem der Geschäftsbetreiber nicht mehr die Razzia der Polizei befürchtet, sondern die Steuerfahndung und den kommunalen Ordnungsdienst.
Und plötzlich sehen sich die Behörden und Politiker in der Zwangslage über Dinge nachzudenken, über die man sich vorher keine Gedanken gemacht hat. Prostitution zu legalisieren hört sich erstmal toll an. Jetzt kommen wir aber plötzlich zur Frage, ist eine Prostituierte nach dem Gewerberecht eine Einzelunternehmerin, eine Freiberuflerin? Kann eine Prostituierte eine Kapitalgesellschaft sein? Und wenn sie Angestellt wird, wann ist das Renteneintrittsalter, gibt es Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und wenn ja, wonach berechnet diese sich, welche Gewerkschaft ist zuständig, was zählt als Arbeitsunfall?
Und nun haben wir die Gutmenschen, die sofort ihre Chance sehen. Nämlich das Verunmöglichen der Tätigkeit als Prostituierte durch Überregulierung und Paragraphenwahn. Man muss einfach nur so viele Gesetze und Verordnungen erlassen, in jeder Gemeinde und in jedem Bundesland andere und teilweise wiedersprechend, bis eine Nutte eigentlich nicht mehr arbeiten kann, ohne alleine schon beim aufstehen gegen ein Gesetz zu verstoßen.
Dadurch drehen wir den guten Prozess der Legalisierung wieder um, kriminalisieren erneut das Milieu und anstatt die Bedingungen besser und sicherer zu machen für die Frauen, öffnen wir wieder den dunklen Mächten Tür und Tor. Aber es ist halt ein Thema, bei dem jeder Politiker sich im bürgerlichen Sektor gleich welcher politischen Färbung sichere Zustimmung holen kann. Denn schließlich sind Nutten wie McDonalds. Keiner war dort jemals Essen, jeder findet das Essen dort grausig, aber irgendwie schaffen diese Konzerne Milliarden Umsätze. Natürlich geht kein Politiker, kein ordentlicher Spießbürger zu einer Nutte, Gott bewahre.
Aber man kennt da jemand, der einen kannte dessen Freund mal ausversehen an der falschen Klingel geklingelt hatte...Vasteeeste?!
Zurück zur ursprünglichen Frage, woher Kriminalität in dieser Branche kommt.
Nun, man muss erstmal klären, was Zwang ist. Viele Feministen vertreten den Tenor, das jede Nutte gezwungen ist, weil sonst würde sie es nicht tun. Naja, dann ist jede Form von Arbeit erzwungen, den auch ich muss meine Miete verdienen und Rechnungen bezahlen. Und sicher fühlt sich auch die Kassiererin bei Aldi gezwungen, dort zu arbeiten und wahrscheinlich hat sie auch wenig alternativen über den Lohn zu verhandeln. Sicher steckt für viele Prostituierten ein Sachzwang hinter der ganzen Sache. Je nach Ausbildung und Herkunft dürfte es schwer fallen einen Beruf zu finden, in denen man 5.000 Euro verdienen kann. Und klar ist auch das viele Frauen den Beruf nicht gerne machen, sondern weil sie das Geld brauchen oder haben wollen. Tatsächlicher Zwang ist das aber nicht.
Die wirkliche Ursache ist dieselbe, warum die Europäische Union trotz eines teuren und aufwendigen Rücknahme- und Recyclingsystems für Elektroschrott 70% desselbigen Abfalles in Entwicklungs- und Schwellenländer exportiert, welche dort unter katastrophalen Zuständen aufbereitet und entsorgt werden.

Weil sich damit Geld verdienen lässt auf Grund der globalen Ungleichheit im Lebensstandard. Solange es Länder gibt, in denen bittere Armut herrscht und eine Familie mit 250 Euro im Monat gut leben kann und Länder in denen eine Frau nichts anderes können muss als Frau zu sein um dort 250 Euro am Tag zu verdienen, solange wird es Frauen geben, die eben genau aus dieser ihrer wirtschaftlichen Not heraus bereit sind, sich in die Prostitution zu begeben. Und solange es Gesetze gibt die genau das Verhindern sollen, wird es Menschen geben, die bereit sind bei entsprechender Gewinnspanne diese Gesetze zu brechen oder beim brechen zu helfen.
Genau aus diesem Grund, der Gewinnspanne, exportiert die Müllmafia Elektroschrott nach China und genau aus dem Grund, der Gewinnspanne, exportiert die andere Mafiaabteilung Menschen aus armen Regionen in die wohlhabenden. Und solange diese Unterschiede da sind, wird es Frauen geben, die man mit Versprechen hier her locken kann, die sich aus Not und Elend dem Zwang hingeben, anschaffen zu gehen.

Diese Zustände, diese Mafia wird man aber nicht austrocken in dem die Behörden den legalen Betrieben und den freiwilligen Sexarbeitern die Arbeit unmöglich oder möglichst schwer macht. Im Gegenteil. Für jedes Bordell das offiziell zu macht, wird irgendwo unter viel schlimmeren Bedingungen weiter gearbeitet, für jede deutsche Hure die nicht mehr offiziell arbeiten wird, wird irgendwo eine mit wesentlich weniger Sicherheit, persönlicher wie wirtschaftlicher, arbeiten.

2 Kommentare:

  1. "Tatsache ist, das immer mehr Sexarbeiter (ich benutze dieses Wort absichtlich) den Job weitgehend freiwillig und ohne Zwang machen."

    Wie belegst du diese Tatsache?

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  2. Die Anzahl derjenigen die in irgendeiner Form als Sexarbeiter gemeldet sind, nimmt ständig zu. Entweder gemeldet beim Finanzamt oder beim Gewerbeamt. Exakte Zahlen sind schwer zu nennen, da viele Prostituierte ihr Gewerbe nicht gerne als "Prostituierte" anmelden, sonden mit Umschreibungen wie "Dienstleistungen persönlicher Art". Daher ist es für die Ämter schwer, ohne aufwendige Recherche exakte Zahlen zu nennen.
    Es ist kaum anzunehmen, das ein Sexarbeiter sich bei Behörden oder Ämtern für eine Tätigkeit anmeldet, zu der er gezwungen wird. Daran hätten auch die, welche zwingen, wenig Interesse.

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